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Kuba per Fahrrad: Playa Jibacoa mit Pannen und Karibikfeeling

Oh mein Gott, wo kommt nur dieser krasse Gegenwind her?!

Es ist das erste Mal, dass ich diese Windstärke in Kuba beim Fahrradfahren erlebe. Das Ziel der heutigen Radtour, der Ort Playa Jibacoa mit dem herrlichen Traumstrand erscheint mir so unendlich fern.

Gefühlt im Schneckentempo bewegen wir uns vorwärts, Windböhen schlagen uns erbarmungslos direkt vom Ozean entgegen und lassen uns nicht vorankommen. „Ein Tritt nach dem anderen“, versuche ich mich zu motivieren.

Es scheint mir als wären wir bereits vor Stunden in Havanna gestartet. Es sind doch nur 70 km von Havanna nach Playa Jibacoa?!

“Hey – haltet an!”, ruft jemand von hinten. Ich drehe mich um und sehe die Jungs schon wieder am Straßenrand anhalten. Reifenplatten Nummer 5?!

Oh Mann, so kommen wir doch nie an…

Morgengrauen in Havanna

Aufstehen oder einfach Weiterschlafen?

Früh um 5 klingelt mein Wecker in Havanna. Verstört schrecke ich auf. Mein Körper fühlt sich schwach an und drängt mich zum Weiterschlafen. Was soll der zeitige Weckruf? So langsam dämmert es mir wieder…

"Heute radeln die Jungs zum Strand Playa Jibacoa und du hast dich dazu überreden lassen ein paar Kilometer weit bis nach Guanabo mitzufahren.

140 km beträgt der komplette Tagesausflug per Rad zum karibischen Strand Playa Jibacoa ab/an Havanna. Die letzten Tage lag ich mit einer fiesen kubanischen Grippe mit Fieber im Bett.

"So 20 Kilometer per Fahrrad, die bringen dich garantiert wieder in die Gänge.“, motivierte mich mein Kumpel Rafa am Vortag.

Eine kubanische Lebensweisheit besagt: “Wenn du krank bist, musst du dich bewegen. Bloß nicht hinlegen, dann wirds schlimmer und deine Abwehrkräfte sinken noch weiter in den Keller.

Radfahren in Kuba – Kein Abenteuer ohne Reifenflicken

Kurz nach 7 Uhr und einen muntermachenden Kaffee später bin ich am Treffpunkt im Stadtteil Playa. Unsere kleine Radfahrertruppe ist fast komplett. Ich traue meinen Augen nicht!

Pünktlichkeit gleicht in Kuba einem Wunder!

"Und du erzähle mir nochmal was von deutscher Pünktlichkeit”, mault Rafa. “Sogar David ist schon auf dem Weg, und das mag was heißen.”Doch erstmal wieder der neueste Klatsch und Tratsch ausgetauscht.

"Sagmal sollte David nicht schon unterwegs gewesen sein?”, frage ich eine halbe Stunde später verwundert in die Runde. Rafa ruft ihn an und klingt verärgert.

Oh oh, das bedeutet nix Gutes.

"David hat einen Platten und ist dabei den ganzen Weg vom 7 Kilometer entfernten Stadtteil Buenavista herzulaufen.” Wir schwingen uns auf unsere Räder und fahren los um unseren letzten Kumpanen aufzusammeln und unseren Fahrradausflug – mal wieder – mit Reifenflicken zu beginnen.

Reifenflicken in Havanna

Die Fähre La Lanchita – günstige Überfahrt auf der Bucht von Havanna

Die Bucht von Havanna schimmert blau, als wir um 8 Uhr ankommen.

Um zur Playa Jibacoa zu gelagen, muss man entweder die ganze Bucht von Havanna umkreisen oder (die schönere und entspanntere Variante) per Fähre über die Bucht setzen. Die Fahrräder kann man gegen ein paar Cent Aufpreis direkt mitnehmen.

Der wolkenlose Himmel verspricht uns einen sonnigen und herrlichen Tag.

Im goldenen Morgenlicht wirken die antiken, halb zerfallenen Kolonialhäuser von Havanna und die Bucht trotz der hier am Hafen vorherrschenden Kontainerindustriekulisse makellos und idyllisch.

Vorfreude auf die bevorstehende Fahrradtour kommt auf, als die klapprige, kubanische Fähre – la lanchita – einfährt. Wir hieven unsere Fahrräder auf das Gefährt und drücken dem Schaffner das unschlagbargünstige Fahrtgeld von umgerechnet ca. 0.005 CUC in peso cubano (heute 2022 kostet die Überfahrt 10 CUP) in die Hand.

Unter lautem Getöse des alten kubanischen Motors schippern wir in Richtung Casablanca. Ein Straßenverkäufer zwängt sich durch die vollbesetzte Fähre und verkauft den Passanten pastelitos – kleine, knusprige Blätterteigecken gefüllt mit fruchtiger Guavenmarmelade.

The lanchita verbindet die durch die Bucht getrennten Stadtteile Regla und Casablanca mit dem Stadtkern von Havanna und gehört hier zum öffentlichen Nahverkehr. Wie eine Buslinie funktioniert sie nach einem festen Zeitplan, der mehr oder weniger genau eingehalten wird.

Die blaue Bucht von Havanna
Einfahrt der Fähre in Havanna
Radfahrer beim Warten auf die Fähre in Havanna

Fahrradtour mit Karibikfeeling

In Casablanca, einem hügelreichen, ärmlichen Stadtteil am anderen Ende der Bucht von Havanna, legen wir an. Wir fahren den Hügel von Casablanca ab und beginnen unsere Fahrradtour auf der Überlandstraße Via Blanca, der „Autobahn des Nordens“.

Unter kubanischen Radfahrern ist diese Straße sehr beliebt, da sie an der Küste entlang führt und traumhafte Ausblicke auf den atlantischen Ozean mit seinen tiefblauen Buchten und weißen Sandstränden bietet.

Gleichermaßen birgt diese Traumstraße ihre Tücken, denn die steilen und langen Hügel der Autobahn haben es in sich und mit der Geschwindigkeitsbegrenzung wird es hier auch nicht so eng gesehen.

Wir passieren die bilderbuchreife Traumbucht vom Strand Playa Bacuranao mit ihren langstiehligen, karibischen Palmen, die sich in Richtung des Küstenwinds biegen. Die Ausblicke auf das sich links neben mir entlangziehende blau schimmerne Meer lassen das Herz höher schlagen und geben neue Kraft.

Gekrönt wird der Ausblick von Palmen mit ausladenden Blätterdach und einen ab und zu vorbeifahrenden Oldtimer…

Das nenne ich Fahrradfahren mit Kubanostalgie und Karibikfeeling!

Radfahrer mit Palmen und Meer
Oldtimer mit Palmen und Meer

Verschwinden nicht möglich

Nach ca. 30 km schwinden plötzlich meine Kräfte und das Fieber der letzten Tage macht sich bemerkbar.

"Hey Jungs, ich fahre mit euch noch bis nach Guanabo und dann gehts für mich wieder zurück nach Havanna.”, meine ich erschöpft.

"Wir sind eine Truppe und bleiben alle zusammen. Wenn du zurückfährst, fahren wir auch zurück. Was ist, wenn du zwischendurch einen Platten hast?”, antworten die Jungs entschlossen.

Aber ich weiß doch, wie man einen Reifen flickt„, denke ich leicht verärgert. So langsam schwahnt mir, was ich mir da eingebrockt hatte.

Ich habe die Wahl zwischen einer 140 km Radtour hin und rück von Playa Jibacoa oder muss den Spielverderber spielen. Was ist wenn ich auf dem Weg nach Jibacoa entkräftet zusammenbreche oder das Fieber wieder zurückkommt?

Ich beiße meine Zähne zusammen, und stelle mir wie immer den Worst Case vor. Mit den 20 CUC die ich dabeihabe, sollte ich einen Rücktransport im Notfall bezahlen können. Wir befinden uns mittlerweise bereits in der ursprünglichen Provinz Mayabeque.

Ungeschützte Radfahrt an stürmischer Küste

Schlimmer geht es immer….

Die Radstrecke zwischen Guanabo und Jibacoa ist berüchtigt für die starken Gegenwinde und stellt so manchen Fahrradfahrer in Kuba auf die harte Probe. Die Via Blanca verläuft nun unmittelbar an der felsigen Küste und am Ozean entlang.

Da es keine schützenden Hügel oder Berge gibt, peitscht uns der Wind ungeschützt entgegen. Wir quälen uns so langsam voran, so dass ich gelegentlich meine gleich stehen zu bleiben.

"Das ist der Wahnsinn!”, denke ich erschöpft. “Los, trampelt schneller, sonst kommen wir niemals an.”, treibt uns Fabian beim Überholen an.

Ich möchte nur noch umdrehen und nach Havanna zurück fahren, doch der Stolz lässt mich weitertreten. “Nur noch bis zum Baum da vorne, und dann bist du gleich da.” So fange ich an mich mit kleinen Meilensteinen in Reichweite weniger Meter zu motivieren.

Panorama auf der Via Blanca
Radfahrer mit Palmen und Meer

Die Fischerbucht am Rio Jaruco

Doch alles hat ein Ende.

Nach einer gefühlten Ewigkeit sehe ich endlich die gewaltige Brücke des Flusses Rio Jaruco vor uns, welcher in die Bucht Boca Jaruco und von da aus ins hellblaue Meer mündet.

Der Fluss ist voller kleiner, bunter Fischerboote die friedlich wippend am Ufer vor Anker liegen. Umrahmt von Mangroven befinden sich entlang des Flussufers bezaubernde, kleine Badebuchten die zum Verweilen einladen.

Ich bleibe stehen, um diesen unbezahlbaren Anblick einzufangen, tief durchzuatmen und neue Energie zu tanken. Es fehlen noch 18 Kilometer, doch die sind ja wohl ein Klacks verglichen mit dem was schon hinter uns liegt.

Dachte ich jedenfalls…

Fischerboote in der Bucht Jaruco
Hellblaue Bucht Jaruco und Blick auf den Ozean
Unberührte Traumbuchten am Fluss Jaruco

Radfahren unter Schwefeldämpfen

Nach dem paradisischen Anblick der Bucht Boca Jaruco ändert sich das Landschaftsbild rapide. Es geht wieder ungeschützt an der von grauen Fels gerahmten, rauen Nordküste entlang.

Plötzlich steigt mir ein furchtbarer, immer stärker werdender Geruch nach faulen Eiern in die Nase.

"Was um Himmels wissen stinkt hier so bestialisch?!”, frage ich und wage es kaum noch einzuatmen. “Das sind die Bohrlöcher von Santa Cruz – sie bohren hier für die kubanische Firma CUPET nach Öl.“, erklärt mir David.

"In dieser Gegend gibt es ganz viele dieser pozos (Bohrlöcher) und was du da riechst ist der sich dabei ablösende Schwefel.”

Ich wusste nicht, dass hier in Santa Cruz ca. 60% des Öls (petróleo ) von ganz Kuba gewonnen werden. Die Vegetation ist hier sehr spärlich. Die kleinen strauchartigen Pflänzchen wirken ungesund, sind kraftlos und gelblich verblichen.

Der beißende, toxische Geruch scheint die Gegend viele Jahre über vergiftet zu haben. Luft anhalten und gegen diesen Wind zu radeln erweist sich als schwieriges Unterfangen.

Schnell weg hier!

Das Wahrzeichen von Santa Cruz del Norte

In der Ferne sehe ich nun einen riesigen Schornstein vor uns aus der Landschaft herausragen: die chimenea von Santa Cruz. Dies ist mein nächster Meilenstein.

David erzählt mir, dass ein Freund von ihm diesen Turm vor einem Jahr gestrichen hat. Ich muss schlucken – wenn wir schon bei 0 Meter über dem Meeresspiegel fast weggeweht werden, wie heftig mag der Wind die Arbeiter auf dem Turm wohl in 100 Meter Höhe treffen?

Der Schornstein ist Bestandteil der Central Termoeléctrica von Santa Cruz, wo Energie aus dem Öl gewonnen. Mit 180 Metern ist der Turm einer der drei höchsten von ganz Kuba.

Rad vor der Chimenea von Santa Cruz del Norte

Einmal Paradies in Kuba bitte

Wir radeln durch die kleine Stadt Santa Cruz und lassen die Schwefeldämpfe endlich hinter uns.

Mit letzter Kraft meistere ich die letzten Kilometer unter Gegenwind bis zum Traumstrand Playa Jibacoa. Als wir mit unserem Fahrrad endlich auf der Brücke von Jibacoa ankommen fällt alle Anspannung von uns ab – alle Anstrengungen sind vergessen.

Die Brücke von Jibacoa befindet sich über dem mangrovengerahmten Fluss Rio Jibacoa der zum Meer hin am Traumstrand von Jibacoa mündet. Dieser Anblick ist ein wahrer Karibiktraum und entlohnt jegliche Anstrengung!

Der goldigweiße Strand, das dahinterliegende hellblaue Meer, die im Wind rauschenden Palmen und die majestätischen Kletterfelsen von Jibacoa ergeben ein Bild wie aus dem Reisekatalog für Kuba.

Playa Jibacoa – Traumlandschaft für Kletterer

"Ich habe es tatsächlich geschafft!”, jubel ich innerlich.

Eine 80 kilometerlange Fahrradtour, größtenteils gegen den Wind und trotz des Fiebers der letzten Tage. Ich hätte niemals erwartet anzukommen. Den Gedanken an die noch bevorstehende Rückfahrt verdränge ich schnell.

Keine Ahnung, wie ich das schaffen soll. Ich bin sowas von erledigt.

Wir fahren serpentinenartig durch das von riesigen Kletterfelsen bestückte Tal in den Ort Jibacoa. Die Gegend um den Strand Playa Jibacoa ist in Kuba bekannt als Kletterparadies. Schon kilometerweit vor dem Dorf Jibacoa rahmen zum Klettern einladende Felsformationen die stürmische Küste.

weißer Sandstrand von Playa Jibacoa mit Palmen
Radfahrer unterhalb der Kletternfelsen von Jibacoa

Ein Campismo neben dem anderen

Wir begeben uns zum campismo „Los Cocos“. Solche campismos (Art günstige, rustikale Bungalowanlage) gibt es hier im kubanischen Ferienort wie Sand am Meer. Die Jungs wollen für das kommende Kletterfestival im März, welches dieses Jahr an der Playa Jibacoa stattfindet, Unterkünfte reservieren.

Palmen umgeben die bunten Bungalowanlagen, hitziger Reggaeton dröhnt laut aus den Boxen am Campismo-Pool und die kubanischen Campinggäste lassen es sich bei kubanischen Rum und Bier im kühlen Nass gutgehen. 

Auf Essensuche an der Playa Jibacoa

Es ist bereits nach 13 Uhr und mein Frühstück liegt nun schon 7 Stunden zurück. Wir brauchen dringend etwas zu essen, die Gegenwindkilometer gingen voll an unsere Kraftreserven.

Doch im Campismo sagt man uns, das Buffetrestaurant der Anlage sei exklusiv für Gäste, wir sollen doch mal in der Cafeteria nachfragen. Wir fahren zurück zur Cafeteria am anderen Ende der Anlage doch die ist gerade wegen Mittagspause geschlossen.

Vielleicht finden wir ja etwas Essbares im Dorfzentrum, aber Jibacoa scheint nur aus Bungalowanlagen zu bestehen. Als wir fast den ganzen Ort abgefahren haben, sehen wir einen Aussichtsturm mit einem Restaurant.

Doch weiter kommen wir nicht, Rafa hat erneut einen Reifenplatten. Nicht schon wieder! Das ist nun bestimmt schon Nummer 8 (ich habe aufgehört mitzuzählen).

Gut dass wir eine Riesenpackung Reifenflicken dabei haben.

Radfahren durch die Bungalowanlage
Sandstrand in Playa Jibacoa

Hunger macht böse

Nach einer gefühlte Ewigkeit geht es weiter zum vor uns liegenden Aussichtsturm am Rande von Jibacoa. Ein atemberaubendender Blick bietet sich am Aussichtsturm: weites hellblaues Meer und weißer Sandstrand.

David steigt den Turm nach oben, ist schnell wieder unten und meint “Voll besetzt und Touristenpreise”. Alles klar, unser Mut schwindet.

Unter einem Touristenpreis versteht man ein Hauptgericht für 10 CUC aufwärts. Da die Kubaner mit Schnitt gerade mal 30 CUC im Monat verdienen (Durchschnittslohn bis 2021), kommt das nicht in Frage.

Resigniert und mit knurrenden Magen sehen wir ein, dass wir in Playa Jibacoa also nichts zu Essen finden werden.

Ausblick vom Restaurant auf hellblaues Meer und Sandstrand
Strand von Jibacoa

Die Qual der Wahl

Wir haben genau zwei Optionen: halb verhungert am Traumstrand der Playa Jibacoa abhängen oder aufs Baden zu verzichten und zurück nach Santa Cruz fahren. Mittlerweile ist es bereits zwei Uhr nachmittags – der Hunger siegt und wir müssen ja auch noch die 80 Km mit dem Fahrrad wieder zurück nach Havanna fahren.

So nehmen wir schweren Herzens Abschied vom kubanischen Traumstrand Playa Jibacoa und versprechen uns ganz bald mit mehr Zeit im Gepäck wiederzukommen.

In Santa Cruz finden wir schnell ein kleines Bistro am Straßenrand mit günstigen Preisen in der einheimischen Währung CUP. Wir können uns nicht entscheiden und hätten ausgehungert wie wir sind am liebsten alles von der Karte bestellt.

Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so einen Bärenhunger hatte!

Am Ende bestellen wir einen Riesenhaufen knuspriger Kroketten para picar (zum Teilen/als Vorspeise), duftende Käsepizza oder typisch kubanisch Reis mit Bohnen und Schweinesteak. Aber erstmal muss ein Kaffee her. Meinen letzten hatte ich früh um 6 Uhr, der Koffeinspiegel hängt schon längst im Keller. Die Kubaner schauen mich verständnislos an, denn hier in Kuba trinkt man seinen Kaffee eigentlich erst nach dem Essen.

Radfahrer beim Mittagessen

Rückenwind – Das Geschenk des Radfahrers

Es ist 15 Uhr und wir stellen uns mental bereits auf eine Heimfahrt bei Dunkelheit ein. Fünf Stunden brauchten wir mit dem Fahrrad von Havanna bis nach Playa Jibacoa und um 18 Uhr wird es im Winter hier in Kuba dunkel. Desweiteren sind unsere Muskeln auch nicht mehr so frisch wie am Morgen.

Doch beim Herausfahren aus Santa Cruz ist die Freude riesengroß – Rückenwind! Die salzig riechende Meerluft, die sich an der Felsküste brechenden Wellen, Wind im Rücken – perfektes kubanisches Fahrradwetter zum Tagesabschluss!

Oh bitte keine Abkürzung

Wir halten kaum an um die optimalen Windbedingungen voll auszukosten und sehen nach 3 Stunden bereits das riesige Plattenbauenmeer von Alamar, dem Vorort von Havanna, am Horizont.

Fabian schlängt eine Abkürzung durch den Ort Cojimar vor. Das schmeckt mir gar nicht, denn um ins Dorf zu gelangen müssen wir uns einen steilen Hügel hinaufkämpfen. Ich japse und verfluche innerlich alle “Abkürzungen” die ich bislang in Kuba mit dem Fahrrad erleben durfte.

Wir durchqueren das Dorf und nehmen eine mir unbekannte Strecke am Strand von Cojimar entlang. Traurigerweise quillt hier der Strand wie so oft in Kuba vor Müll über. Die hinuntergehende Sonne taucht den menschenleeren Strand in herrlich rot-violettes Licht.

Radfahrer an der Nordküste
Sonnenuntergang am Strand von Cojimar

Sonnenuntergangsspektakel zum Ausklang der Fahrradtour

Müde und doch gleichermaßen erfüllt von den abenteuerlichen Eindrücken der heutigen Radtour fahren wir im Licht der heruntergehenden kubanischen Abendsonne nach Havanna. In der Ferne sehen wir bereits die höchsten Gebäude Havannas, das FOCSA und das HABANA LIBRE.

Wir halten an der Festung El Morro, welche sich majestätisch über der Bucht von Havanna erhebt. Viele Touristen haben sich hier bereits eingefunden um den Sonnenuntergang zu bestaunen. Von der Festung aus  genießen wir einen wunderschönen Ausblick über die im rötlich schimmernde Bucht von Havanna. Die Skyline der kubanischen Hauptstadt mit der Uferpromenade Malecon bietet einen unvergesslichen Anblick.

Hier verweilen wir einen Augenblick und warten bis die Sonne rot hinter den Hochhäusern versinkt.

Traditioneller Ausklang bei Straßenpizza

Von der riesigen Statue El Cristo aus, welche sich auf einer Anhöhe bei Casablanca befindet, sausen wir den Berg herunter zur Anlegestelle der lanchita von Havanna.

Die Fähre ist vollbesetzt von einer Gruppe Skater, die den steilen Hügel von Casablanca gelegentlich für Longboarding nutzen. Wir legen in der Dunkelheit im Altstadtkern von Havanna an und fahren an der Uferpromenade dem berühmten Malecon entlang.

Der Malecon bietet besonders am Wochenende in ein wahres, kubanisches Spektakel. Die Ufermauern sind voll besetzt von verliebten Pärchen, laut lachenden und planchao (Billigrum, den es in kleinen Milchpäckchen ähnelnden Tetrapacks zu kaufen gibt) trinkenden Locals, spazierenden Touristen.

Musikern und Straßenverkäufern schwirren herum und versuchen den Touristen beim tausendmalgehörten Guantanamera einige CUCs aus der Tasche zu leiern oder ihre kitschigen, glitzernden Plastikrosen und Kuscheltiere an den Mann zu bringen.

Nicht umsonst wird der Malecon auch als „großes Sofa von Havanna“ bezeichnet. Hier erwachen Havanna und das wahre Kuba zum Leben.

Unseren Tag lassen wir im Stadtteil Nuevo Vedado an unserem Lieblingsstraßenbistro bei Pizza und Bier ausklingen und die Erlebnisse des Tages noch einmal Revue passieren. Danach heißt geht es müde und zerschlagen aber gleichzeitig begeistert vom Abenteuer und neuen Eindrücken ab nach Hause.

Radfahrer und Oldtimer
Burg Morro und Sonnenuntergang
Oldtimer an der Burg El Morro

Hinweise für eine Tages Fahrradtour von Havanna nach Playa Jibacoa

Die Radtour betrug insgesamt 145 km die wir am gleichen Tag zurücklegten.

Link zur STRAVA Aufzeichnung der Radtour

Radfahren direkt am Meer entlang, zahlreiche Ausblicke auf weiße Sandstrände, palmengesäumte Überlandstraßen, vorbeirauschende Oldtimer – eine Fahrradtour nach Jibacoa bzw. an die Strände vor der Playa Jibacoa ist auf jeden Fall zu empfehlen!

Hier bieten sich traumhafte Ausblicke die jedes Kuba Klischee unterstreichen.

Die Strände der Vororte Havannas und die Küstenorte im Norden bis nach Jibacoa birgen viele Bilderbuchstrände, welche oft nur von den Locals genutzt werden (der Touristenbus hält hier nicht).

Meine Lieblingsstrände an der Atlantikküste von Havanna nach Jibacoa sind die Strände Playa Bacuranao (ca. 18 km vom Havanna) und der Strandabschnitt in Guanabo wo die Playa Guanabo vom Rio Itabo entzweigeteilt wird (ca. 33 km von Havanna).

Ein weiterer Geheimtipp unter Locals ist der Strand Mi Cayito zwischen Santa Maria und Guanabo in der Nähe vom Hotel Arenal. Hier bietet sich während der Fahrradtour auch ein Zwischenstopp bzw. ein Picknick an (Achtung Umweg!).

Wer lieber günstig zu Mittag essen möchte, sollte bereits in Santa Cruz einkehren und in Playa Jibacoa nur zu Abend essen. Mein Lieblingsrestaurant in Playa Jibacoa ist das El Cacique etwas außerhalb des Dorfes.

Da es auch bei Locals wegen seiner riesigen Portionen und guten Preise beliebt ist, kann es sein, dass ihr für einen Tisch etwas warten müsst. Lohnt sich aber! Wasser, kleine Snacks oder belegte Brötchen gibt es unterwegs in den Autobahnrestaurants/-kiosken bei Tarará, Guanabo und in Santa Cruz zu kaufen. In Playa Jibacoa ist es eher schwierig einen kleinen Snack oder Wasser zu besorgen.

Raten würde ich dazu eine Nacht in Playa Jibacoa zu übernachten, denn die Vorzüge und Strände von Jibacoa kommen zu kurz, wenn man am gleichen Tag wieder zurückfahren muss.

Gerne könnt ihr mich bzgl Übernachtungsempfehlungen und –preisen anschreiben. Es gibt Casas Particulares, mehrere kubanische Bungalowanlagen, die campismos (auch für Touristen geeignet, entsprechen jedoch eher den 1-2 Sterne Niveau) und zwei All Inclusive Anlagen, welche hauptsächlich von Touristen aufgesucht werden (2.5 – 3.5 Sterne).

Auch Wildzelten oder Wildcampen ist in Jibacoa machbar.

Mit starken Gegenwind ist auf der Hinfahrt von Havanna zur Playa Jibacoa fast immer zu rechnen. Wenn du den Gegenwind umgehen möchtest, dann fahre auf der Rückfahrt an der Küste entlang und wähle auf der Hinfahrt eine Route durchs Landesinnere: z. B. Havanna – Tapaste – Jaruco – Santa Cruz – Playa Jibacoa. Da verpasst du zwar die Ausblicke auf das Meer, bekommst dafür jedoch weniger Autoabgase und mehr kubanisches Dorfleben zu sehen.

 

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